Provenienzforschung zu Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten (China) in vier ostfriesischen Museen und Kultureinrichtungen
Das Projekt soll ein Auftakt für die Erforschung von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in kulturbewahrenden Einrichtungen in Ostfriesland sein. Hierfür kooperieren Einrichtungen miteinander, die über Sammlungsbestände aus kolonialen Kontexten, vorwiegend aus China verfügen: das Deutsche Sielhafenmuseum Carolinensiel, die Naturforschende Gesellschaft zu Emden, das Ostfriesische Teemuseum Norden und das Fehn- und Schiffahrtsmuseum Westrhauderfehn. Im Forschungsinteresse stehen Objekte und Konvolute aus der ehemaligen deutschen Kolonie in China, deren koloniale Kontexte rekonstruiert und im Hinblick auf problematische Aneignungskontexte untersucht werden sollen.
Das Projekt erstreckt sich über einen Zeitraum von zwölf Monaten und soll auch über die beteiligten Einrichtungen hinaus entscheidende Impulse für die Suche nach und Erforschung von Objekten aus kolonialen Kontexten in den Museen der Region sowie für deren postkoloniale Neubewertung und -präsentation unter Einbeziehung der Herkunftsländer und -gesellschaften und einen transparenten Umgang mit den Forschungsergebnissen geben.
In den aktuell rund 60 Museen und musealen Einrichtungen in der Region Ostfriesland hat bisher noch keine strukturierte und in ihrer Fragestellung abgeschlossene Forschung nach den Sammlungszugängen von Objekten aus kolonialen Kontexten stattgefunden. Durch die Lage Ostfrieslands am Meer, die damit verbundene Seefahrt, den Handel und die Marine liegt es jedoch nahe, dass in den regionalen Sammlungen Objekte oder Konvolute aus kolonialen Kontexten vorhanden sind. Besonders auffällig sind Zugänge aus China und hier insbesondere aus Qingdao welche ansonsten nach derzeitigem Kenntnisstand in Niedersachsen nur punktuell verbreitet sind. Daraus ergibt sich ein direkter Zusammenhang zwischen Ostfrieslands Lage am Meer, der Seefahrt und der vom Reichsmarineamt verwalteten, damaligen Kolonie Kiautschou (Jiaozhou).
Das Projekt soll die notwendigen Erkenntnisse für eine fundierte postkoloniale und multiperspektivische Neubeurteilung der bisher vorwiegend als „Seefahrermitbringsel“ oder „außereuropäisch“ klassifizierten Ethnografika aus der ehemaligen Kolonie China liefern.
Über das Knüpfen erster Kontakte zu Vertreter*innen von Herkunftsländern und -gesellschaften sollen – in den teilnehmenden Einrichtungen erstmals – auch deren Perspektiven mit einbezogen und der notwendige Dialog über den künftigen Umgang mit diesen Objekten bzw. ggf. Rückgaben eröffnet werden.
Das Projekt wird gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste und unterstützt durch das Netzwerk Provenienzforschung in Niedersachsen. Antragsteller ist die Museumsfachstelle / Volkskunde der Ostfriesischen Landschaft.